Britta Schneider: Geschlechtergerechte Sprache (Vortrag)

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Medienaktionen

Prof. Dr. Britta Schneider:

Geschlechtergerechte Sprache – Einsichten aus diachroner Grammatikentwicklung und aktuellen Debatten

Dieser Vortrag nähert sich  dem Thema geschlechtergerechten Sprachgebrauchs aus zwei Perspektiven: der historischen Grammatikforschung und der Sprachideologieforschung. Einerseits stelle ich Studien zu historischer Grammatikforschung vor, die die Entwicklung der Kategorien 'feminin' und 'maskulin' in der Sprachgeschichte thematisieren sowie die Bevorzugung der maskulinen Form in gesellschaftlichen Kontexten, die mit Macht und Dominanz verknüpft sind. Es zeigt sich hier auch, dass arbiträre, also willkürliche Genuszuweisungen von feminin und maskulin zwar in Bezug auf dingliche Objekte zu beobachten sind, nicht aber in Bezug auf Menschen oder menschenähnlichen Lebewesen. Daher ist die Behauptung, eine Genuszuweisung in Sprache habe nichts mit dem kulturellem Geschlecht 'männlich'/'weiblich' zu tun, unzutreffend.

Diese Tatsache spielt auch eine Rolle in der zweiten Perspektive, die ich aufmachen möchte, nämlich einem Blick auf die Sprachideologien (also den Konzepten von Sprache), die sich in aktuellen öffentlichen Debatten zu geschlechtergerechtem Sprachgebrauch finden. Es ist hier auffällig, dass bestimmte demographische Gruppen, welche neuere sprachliche Formen der Repräsentation von nicht-männlichen Lebewesen in Sprache ablehnen,? besonders stark agieren und von der Presse nachgefragt sind. Konzepte von Geschlecht in Sprache in diesen Diskursen beinhalten häufig das Argument, dass sprachlicher Genus generell arbiträr sei (was historische Grammatikforschung klar widerlegt). Konzepte von Sprache im Allgemeinen basieren in diesem Kontext auf der Vorstellung einer 'natürlichen' Entwicklung von Sprachen in nationalen Gemeinschaften, in die der Mensch nicht eingreifen solle. Belege der 'natürlichen' Sprache, auf die hier referiert wird, findet sich? dann häufig in den von den hier Agierenden selbst verfassten Grammatikpublikationen. Insgesamt zeigt sich, dass Naturalisierungsideologien hier, wie auch in vielen anderen gesellschaftlichen Kontexten, für die Reproduktion von traditionellen Machtverhältnissen instrumentalisiert werden. Konzepte, die Sprache als eine soziale Praxis betrachten, sind hier besser geeignet, um aktuelle Sprachpraktiken wissenschaftlich einzuordnen.

Der Vortrag fand am 9 Dezember 2021 im Rahmen der Ringvorlesung „Transdisziplinäre Gender Studies und Queer Theorie an der Viadrina“ online an der Europa-Universität Viadrina statt.

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Kategorien: Veranstaltungen

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